… heisst übersetzt: Fühl dich wohl / entspann dich in der Bretagne (Breizh ist das bretonische Wort für Bretagne). Genau das haben wir gemacht.
Den Sommer 2021 verbrachten wir in der Bretagne und zum Teil in der angrenzenden Normandie. Der Blog würde sehr lange werden, wenn wir versuchten die ganze Reise zu beschreiben. Wir haben inzwischen in so vielen schönen Orten festgemacht, haben manchen Kilometer des bretonischen Küstenwanderwegs GR34 unter die Füsse genommen, im kalten Atlantik gebadet, manche Galette und Crêpe gegessen und immer wieder die Gezeiten für die nächste Etappe berechnet. Ja, die Bretagne hat’s uns angetan, wunderschöne Küstenabschnitte, malerische Städtchen, nette, hilfsbereite Leute und mein Bäuchlein hat inzwischen die Form eines Pain au Chocolat angenommen. Wenn nur das Wetter etwas freundlicher wäre… Nun gut, im Vergleich zu dem, was wir aus der Schweiz über den densjährigen Sommer mitbekommen haben, können wir uns über die Anzahl Sonnenstunden nicht beklagen. Ein Schleusenwärter, der eine Zeitlang in der Nähe von Basel gearbeitet hatte, hat es so formuliert: Im Vergleich zur Schweiz regnet es in der Bretagne etwa gleich viel, aber jeweils weniger lang.
Lasst uns hier ein paar Impressionen dieses Sommer’s mit euch teilen. Fotografiert haben wir meistens bei schönem Wetter 😉
Manche mögen es schnell. Wir sind ja auch recht tiffig unterwegs, aber wenn so einen Kanone angerauscht kommt, dann reicht die Zeit gerade noch um den Fotoapparat hervorzukramen. Heutige Rennjachten sind alle mit Foils (Tragflügeln) unterwegs, so wie diese hier. Wird das Schiff noch etwas schneller, dann taucht es aus dem Wasser auf und schwebt auf dem Tragflügel über dem Wasser.
Etwa 50km von Brest den Aulne-Fluss hoch liegt Port Launay. Neben den Passagen auf dem Meer, sind Flussfahrten für uns eine tolle Abwechslung. Die EXTRA MILE liegt “im Päckchen” neben einem wesentlich grösseren Zweimaster. Wenn es zu wenige Liegeplätze gibt, ist es normal, dass mehrere Boote nebeneinander geparkt werden. Will man an Land, so steigt man über das Vordeck des anderen Bootes.
Und immer wieder hatten wir mitten im Juli das Ölzeug an und richtig Dampf in den Segeln.
Am 1. August 2020 haben wir in Griechenland die EXTRA MILE eingewassert und sind seither unterwegs. Wir haben lange von dieser Reise geträumt und uns darauf vorbereitet. Zeit für eine Zwischenbilanz. Wie haben wir das letzte Jahr erlebt? Sind unsere Träume aufgegangen? Was kam anders als erwartet?
Ja, Traum aufgegangen. Auch wenn das ein grosses Wort ist, so kann ich wirklich sagen, für mich war es das bisher schönste Jahr meines Lebens. Ich liebe es mit Bea auf dem Meer unterwegs zu sein. Wir sind ein eingespieltes Team und wir haben es gut zusammen. Das ist mir enorm wichtig. Wäre unsere Beziehung von grösseren Spannungen belastet, dann würde mir ein grosses Stück von der Sinnhaftigkeit der Reise wegbrechen.
Obschon wir unterdessen bald 7000 Seemeilen zurückgelegt haben, macht mir das Segeln immer noch Spass. Neue Orte kennen lernen, mit der Natur im Einklang reisen, der Nervenkitzel auf anspruchsvollen Routen, das alles hat meine Erwartungen übertroffen. Auch das Privileg als Instruktor von Menschen umgeben zu sein, die echt etwas lernen wollen, ist sehr sehr schön. Für mich als Oberstufenlehrer sozusagen eine neue Erfahrung.
Zudem schätze ich es, dass es wirklich ein Timeout ist. Wir sind aus dem «Hamsterrad» in der Schweiz ausgestiegen. Wir können unser Tempo und auch das Arbeitspensum selber steuern. Wir leben entschleunigt, oftmals weiss ich nicht, welcher Wochentag gerade ist. Bei mir hat sich die Arbeitslast mit der eigenen Onlinefirma (hochamwind.ch), mit den Ausbildungs- und Ferientörns (extramile-sailing.ch), mit dem Bootsunterhalt und mit unserer Administration bei vielleicht 60-70% eingependelt. Das ist zwar mehr als ursprünglich gedacht, aber immer noch weit weniger als die 120-140% vorher in der Schweiz. Womit ich bei der Sache wäre, die ich unterschätzt hatte: Bootsunterhalt. Every day you solve a problem, hatten mir andere Segler prophezeit. Das wären dann 365 gelöste Probleme pro Jahr und das Schiff wäre besser zwäg wie neu. So weit die Theorie, aber es lassen sich eben nicht alle Probleme in einem Tag lösen. Ich muss mich immer zuerst mal einlesen, ein paar Tutorials gucken, die richtigen Teile oder Werkzeuge kaufen bevor ich ein Problem lösen kann. Und dann, wenn ich fertig bin, mache ich es meistens ein zweites Mal noch richtig. Diesen Aufwand habe ich unterschätzt und muss aufpassen, nicht selber ein neues, eigenes Hamsterrad zu errichten. So, jetzt lasse ich euch Bea‘s Rückblick lesen und schmiere unterdessen Winch Nr. 3 und 4 …
Was mich immer noch beeindruckt und was ich an unserem Timeout geniesse, ist die Abhängigkeit von Wind und Wetter und den Gezeiten. Ich liebe die Natur, durch sie müde werden, und abends spüren, dein Körper hat gearbeitet und zufrieden – wie nach einem Training – ins Bett zu gehen. Auch die vielen verschiedenen Orte und Länder, die wir besuchten, haben mir sehr gefallen. Was ich nicht erwartet habe, ist, dass meine Sprachkenntnisse nicht ausreichend sind und wie schwierig es ist, jetzt noch eine Fremdsprache zu lernen. Andy kann viele Sprachen und er verständigt sich nach kurzer Zeit jeweils gut mit den Bootsnachbarn oder erledigt Telefonate mit Marinas oder irgendeinem Kundendienst. Da hinke ich dann hinterher, dabei rede ich doch so gerne 😉 …
Wir haben immer wieder Gäste an Bord für Ausbildungs- und Ferientörns, aber dann auch Zeiten, wo wir zu zweit unterwegs sind. Beides schätze ich und der Mix tut gut. Die Zeit mit verschiedenen Menschen zu verbringen bei einem gemeinsamen Hobby ist sehr schön und bereichernd. Bei Törns bin ich als Gastgeberin zuständig für das was «unter Deck» passiert: Für das leibliche Wohl, krängungssichere Ordnung in Küche und Salon und für die Sauberkeit unten im Schiff (aussen putzt jeweils Andy). Dies ist für mich wie ein neuer Beruf, der mir weitgehend gefällt, einzig das viele Putzen mag ich nicht so, was sich aber leider nicht ändern lässt. Die Zeiten zwischen den Törns tun uns immer wieder gut um herunter zu fahren und wieder unseren eigenen Rhythmus zu leben. Andy und ich sind ein Paar, das gerne viel gemeinsam macht. Das ist sicherlich eine Voraussetzung, damit unsere Reise, bei der wir so viel auf engem Raum zusammen sind, gelingt.
Immer wieder mal habe ich Tage an denen ich etwas nachdenklich bin. Dann spüre ich, wie mir die Familie, und der direkte Kontakt mit Freundinnen und Freunden fehlt. Häufig ist dies, wenn eine Crew geht und wir uns von liebgewonnenen Leuten verabschieden müssen. Zum Glück sind diese Zeiten kurz und die Schwermut verschwindet so schnell wieder, wie sie gekommen ist.
Ab und zu gehe ich meiner berufliche Tätigkeit als Stillberaterin nach und unterstütze Familien in der Schweiz per Telefon und Email. Meine Schwerpunktthemen sind Arbeiten und Stillen, Ernährung und allgemeine Fragen zu Babys im 1. Lebensjahr. Gerne würde ich mehr solcher Beratungen machen, weil ich diese Arbeit liebe und trotz der Distanz immer noch als Beraterin tätig sein kann. Ich hoffe, in den nächsten Monaten diese eigenständige Tätigkeit (arbeiten-und-stillen.ch) noch stärker ausbauen zu können.
Mitte September werden wir über die Biskaya nach Nordspanien segeln und dann der Küste Portugals entlang immer weiter nach Süden ziehen. Im November dann folgt ein längerer Schlag von Lagos zu den Kanarischen Inseln. Dort werden wir das Schiff für ein paar Wochen parken und für Weihnachten in die Schweiz fliegen. Danach lassen wir uns bis etwa März Zeit um die verschiedenen Kanarischen Inseln zu erkunden.
Und dann? – Das ist die grosse Frage. Entweder folgt im Frühjahr 2022 der grosse Schlag über den Atlantik in die Karibik, oder wir segeln weiter südlich zu den Kapverdischen Inseln, oder aber wir kehren Richtung Europa zurück. Das müssen wir aber zum Glück jetzt noch nicht entscheiden.
Immer wurden wir musikalisch beschenkt. Einige Aufnahmen von Strassen- (oder Hafenmusikern), denen wir begegnet sind.