DIE GRENADINEN UND ST. LUCIA
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VON MARTINIQUE NACH ST. MARTIN

Respekt! Das haben die Franzosen wirklich gut hingekriegt mit ihren Überseegebieten in der Karibik. Während dem sich die meisten englischen Kolonien wie Dominica oder Antigua & Barbuda irgendwann von England abnabelten und zu selbstständigen Staaten wurden, gehören die ehemaligen französischen Kolonien wie Martinique, Guadeloupe, St. Martin jetzt zum Mutterland Frankreich als eigenständige Départements. Diese Orte waren und sind für uns Segler goldwert.

Grafitti in Marigot, St. Martin

Ob Ersatzteile fürs Schiff, Lebensmittel, Kleidung, hier bekommst du alles, was du brauchst. Im Gegensatz zu Dominica, wo sie dir in einem Quartier-Krämerladen irgendwelche völlig überteuerten Produkte anbieten, kann man auf den französischen Inseln ganz normal einkaufen in Warenhäusern wie Carrefour, Super-U, Decathlon und zwar zu gleichen Preisen wie in Frankreich. Auch gibt’s in der Boulangerie gutes Baguette (und pain-au-chocolat!). Das ist doch Lebensqualität! Auf den anderen Inseln kriegst du nur das in Plastik abgepackte Schaumstoffbrot.

Auch die Behördengänge sind bei den Franzosen einfach und die Leute locker drauf. In Marigot auf St. Martin kann man z.B. in einem Bootszubehörladen ein- und ausklarieren. Da muss man in der Regel ja sowieso hin. Macht total Sinn. In Antigua hingegen wird man von Pontius zu Pilatus geschickt und bezahlt Gebühren über Gebühren, bis man offiziell ins Land eingereist ist.

So sind die einzelnen Inseln unterschiedlich und es war spannend sie zu entdecken. Schön sind sie alle auf ihre Weise, aber für uns waren die französischen Inseln von ihrer guten Infrastruktur her wichtige Stützpunkte.

Karte aus Google-Maps

Einige Impressionen dieser Reise

Dominica

Dominica ist ein Entwicklungsland. Es war schon arm und dann kam 2017 der Hurrikan Maria und hat grosse Teile der Insel verwüstet. Tatsächlich reden die Einheimischen von der Zeit “vor dem Sturm” und der Zeit danach. Die Insel ist gebirgig und verfügt über wunderschönen Regenwald, faszinierende Wasserfälle und tolle Strände. Hier haben wir einen Guide/Taxi-Fahrer gebucht, der uns zu einigen tollen Spots gefahren hat. Viele Szenen vom Film “Fluch der Karibik” wurden auf Dominica gedreht. Gerade weil diese Insel so anders ist als der Rest der Karibik, gilt sie als die schönste Insel unter denjenigen Touristen, die abseits der Menschenmassen Ferien machen wollen.

Guadeloupe

Die grösste Insel der Kleinen Antillen ist entsprechend vielfältig. Uns haben nebst der superguten Versorgungslage auch die schönen Strände gefallen, ein Wasserfall im Regenwald mit Bademöglichkeit, der botanische Garten und die Inseln Marie Galante und Ille des Saintes.

Antigua & Barbuda

Antigua is quite British und zudem recht nobel. Manche Strände sind gar nicht zugänglich, weil privat zu einem Nobel-Resort dazugehörend. An einem Ort wurden wir weggewiesen als wir im Restaurant am Strand etwas trinken wollten. “Nein, nein, weg hier, wenn ihr was trinken wollt, dann löst ihr gefälligst zuerst einen Tagespass!” So sind wir gegangen und haben bei einem Rasta, der paar hundert Meter neben dem Hotel seinen Stand aufgebaut hat eben ein Bier gekauft.

Auf Barbuda hat es ausser Stränden eigentlich nichts. Créme de la créme ist die 11-Mile-Beach. 11 Meilen feinster Sandstrand vor türkisblauem Meer – Idylle pur. Aber, auch hier hat ein Hurrikan gewütet, Irma im 2017. Die Insel wurde evakuiert und vom Sturm total verwüstet. Einige Hotel-Ruinen zeugen heute noch von diesem schrecklichen Ereignis.

St. Martin/Sint Maarten

Gross ist die Insel nicht, aber es reicht um sie in zwei Staaten zu teilen. Der Süden ist holländisch, der Norden französisch. Das hat natürlich historische Gründe. Man erzählt sich die Geschichte, dass bei der Aufteilung der Insel ein Holländer und ein Franzose sich am Strand getroffen haben und dann jeder in die entgegengesetzte Richtung um die Insel herum losgelaufen ist. Dort wo sie sich wieder getroffen haben, wurde zum Startpunkt hin die Grenze gezogen. Der Franzose hechelte los, der durstige Holländer hingegen soll öfters eine Pause eingelegt haben um einen zu zwitschern, darum ist der französische Teil bedeutend grösser als der holländische. Ob die Geschichte wahr ist, werden wir wohl nie erfahren.

 

In Sint Maarten besuchten wir die Topper’s Rum-Destillerie. Die nette Holländerin servierte uns während der zweistündigen Führung insgesamt 25 Shots! Kleine zwar, aber auch hier gilt: Weniger wäre mehr gewesen. Jedenfalls machte diese Erfahrung die Insel-Teilungsgeschichte um einiges glaubwürdiger.

Meistens am ankern

Was ist anders am segeln in der Karibik im Vergleich zu Europa? – Nebst den Temperaturen, den Stränden und den wunderschönen Schnorchelplätzen ist es sicherlich die Tatsache, dass wir hauptsächlich ankern und kaum in Marinas übernachten. Ich habe nachgezählt: Wir sind nun 64 Tage in der Karibik und davon waren wir 50 Nächte vor Anker und nur 14 mal in Marinas. Das war in Europa umgekehrt, da waren wir öfters in Marinas als vor Anker. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. In Griechenland waren die Marinas super günstig, in der Nordbretagne machen die Gezeiten das ankern schwierig und auf den Kanaren fällt der Meeresboden steil ab und es gibt es kaum geeignete Ankerbuchten.

Hier in der Karibik gibt es nur wenige Marinas, dafür Ankerplätze ohne Ende.

Marigot Bay, St. Martin: wenige Schiffe in der Marina (meist Motorboote), die Segler praktisch alle vor Anker

Wenn wir heute in eine Marina fahren, dann meist nur, weil ein Crewwechsel ansteht und wir wieder mal das Boot waschen wollen. Dann ist es schon praktisch, wenn man den Schlauch an den Wasserhahn hängen und das Deck schrubben kann. Auch den Batterien tut es ab und zu gut, wenn sie mit Landstrom voll aufgeladen werden. Unsere vier Solarpanels leisten mit dem günstigen Sonnenwinkel hier in Äquatornähe zwar gute Arbeit, aber hin und wieder mal voll durchladen, das System neu kalibrieren fördert die Sicherheit der Stromversorgung.

So haben wir uns an das Ankerleben gewöhnt und ich ziehe unterdessen einen guten Ankerplatz einer Marina vor. Ich mag den Dichte-Stress in den Marinas nicht so. Du willst schlafen aber die Nachbarcrew kommt spät nachts lärmend vom Ausgang zurück. Du willst am Morgen auf die Toilette aber sie wurde noch nicht gereinigt. Du willst weitersegeln aber der Marinero, der den Strom ablesen soll, macht gerade Pause. Beim ankern bist du für dich allein, hast deinen Frieden und es kostet nichts. Und wenn du einkaufen, auswärts essen oder etwas erledigen willst, kommst du mit dem Dinghy schnell an Land.

Das Pferd ist gesattelt

Das kleine Beiboot, genannt Dinghy, ist daher unser meist gebrauchter Ausrüstungsgegenstand. Meist transportieren wir den Motor hinten am Schiff aufgehängt und das Boot selbst auf dem Vordeck. Kaum sind wir in einer Bucht angekommen wird das Dinghy zu Wasser gelassen und der Motor montiert. Bea und ich sind eingespielt und in 10 Min ist das Pferd gesattelt.

Rapunzel, Rapunzel, lass deinen Motor herunter!

auf kurzen Distanzen und bei ruhigen Verhältnissen schleppen wir das Dinghy auch mal hinter uns her, aber das sind Ausnahmen

Baguette holen mit dem Dinghy. Alleine ist man leicht und schnell. So kommt das frische Baguette noch warm auf den Zmorge-Tisch

Unser Dinghy haben wir ständig aufgepeppt und unseren Bedürfnissen angepasst. So haben wir unterdessen einen zuverlässigen, leichten 6PS Motor mit Wings, die Auftrieb geben, und einem externen Tank, mit dem wir stundenlang fahren könnten. Wir haben ein robustes Schloss dran und schliessen das Boot immer ab, auch nachts, wenn es im Wasser bleibt. Auch Räder zum herunter klappen haben wir montiert und einen Anker, mit dem wir das Dinghy auf 2-3m Wassertiefe im Meer verankern können, z.B. für einen Schnorchelgang.

Dinghy-Fahrt nach Codrington

Auf Barbuda gibt es vor allem eines: Kilometerlange, einsame Sandstrände. Feinster Sand, türkisblaues Wasser und sonst nix. Wunderschön. Am ersten Ankerplatz waren wir total 3 Boote, am nächsten Ankerplatz dann waren wir ganz allein.

Die Abgeschiedenheit ist schön und romantisch, aber wenn man etwas erledigen will, dann ist Romantik wenig nützlich. Ausklarieren kann man nicht am einsamen Strand. Wir mussten dazu in die Hauptstadt Codrington. «Hauptstadt» soll keine falschen Assoziationen wecken. Codrington ist ein Dorf mit einigen Strassen, ein paar Dutzend Häusern und einer Piste für Kleinflugzeuge.

Um nach Codrington zu gelangen mussten wir von unserem Ankerplatz ca. 3km mit dem Dinghy eine Lagune überqueren. 2017 hatte der Hurrikan Irma den Strand auf einer Länge von etwa 1km weggespült und so die Lagune zum Meer geöffnet. Wir hatten im Internet Berichte gelesen, die Fahrt mit dem Dinghy nach Codrington gegen den Wind sei zwar möglich aber streng und auch, dass man als Alternative für 40US$ ein Bootstaxi anfordern könne. Aber das schien mir doch viel Geld, vor allem wenn man selber ein Beiboot hat. Nein, das würden wir schon selber packen, wir sind doch nicht aus Zucker, oder?

Na ja, die ersten 500m fuhren wir im Schutz des noch intakten Strandabschnittes und bogen dann in die Lagune ein. Hier änderte sich die Situation schlagartig. Uns blies der Wind plötzlich mit 6 Beaufort entgegen, das sind 40km/h Wind (dann blinken auf dem Bodensee die Starkwindlämpchen).

Die Welle, gegen die wir anbolzten, war nur etwa 50cm hoch, aber das Dinghy ist eben auch nicht viel höher. Kaum waren wir in die Lagune eingebogen, so klatschte uns die erste Seemannsdusche ins Gesicht. Entsetzter Blick von Bea.

«Nein, Schatz, sorry, kann echt nichts dafür! Das war die Welle.»

Nach der dritten Welle waren wir beide bachnass und bis Codrington waren es noch 2,5km. Zum Glück war das Wasser in der Lagune etwa 30° warm, so war die salzige Dauerdusche gerade noch zu ertragen.

Nach 10 Minuten hatten wir soviel Wasser im Boot, dass der Benzintank im Boot herum zu schwimmen begann. Nicht gut! Es ist eine alte Seglerweisheit, dass Boote sinken, wenn mehr Wasser rein kommt als raus. So übernahm Bea die Steuerung des Aussenborders und ich schöpfte mit einem Gefäss während der Fahrt Wasser heraus. So schafften wir es nach Codrington. Der einzige trockene Fleck an mir war die Stelle am Rücken, wo windabgewandt der Rucksack mit den Dokumenten gewesen war.

Wir fanden das Büro von Customs & Immigration. Gerade heute war der Internetempfang so schlecht, dass sich das Prozedere hinzog und hinzog, aber was solls. Irgendwann hatten wir die erforderlichen Dokumente gestempelt, besorgten noch ein paar Einkäufe und schon ging es zurück zur EXTRA MILE, die vor dem einsamen Strand verankert auf uns wartete. Die Rückfahrt über die Lagune war dann völlig anders. Mit Wind und Welle im Rücken blieben wir trocken. Auf der ganzen Rückfahrt schwappte keine einzige Welle ins Boot. So schön kann Dinghy-fahren sein. 40 US$ gespart. Juhuu!

Baden, schwimmen, schnorcheln

Bea schreibt: Wenn der Tag startet, so cremen wir uns beide zuerst mal mit Sonnenschutz ein. Die Strahlung ist hier sehr intensiv und wir haben beide eine empfindliche Haut. Fürs schwimmen oder schnorcheln ziehen wir zudem meist ein UV-Schutz Leibchen an. Ja, und schwimmen und schnorcheln ist ein Privileg, das wir fast täglich geniessen. Anker einfahren, Badeleiter runter und schon folgt ein Sprung ins türkisfarbene, warme Nass. Es erfrischt und tut unserem Körper gut. Seit ich eine Ganzgesichtsmaske habe erlebe ich das Schnorcheln als etwas unglaublich Schönes.

Es ist fast schon eine Meditation, wenn man so aus nächster Nähe all die Meerestiere und Pflanzen beobachten und bestaunen kann. Mal schnorcheln wir an einem Korallenriff, mal an einem Wrack. Mal hat es warme «Blubberblasen» wie am Champagne-Riff auf Dominica oder wir beobachten Meeresschildkröten oder Rochen.

Mein SUP (Stand-up-Paddel) kommt auch oft zum Einsatz und es ist eine Art Bewegung, die ich herrlich finde. So kann ich nun an den Strand paddeln oder einfach ein bisschen der Küste entlang fahren. Ist alles Übungssache. Anfänglich hatte ich meine Mühe aber unterdessen geht es schon ganz gut. Auch Andy paddelt gerne mit dem SUP in der Bucht herum.

Bewegung ist mir sehr wichtig. So habe ich für mich wieder Pilates entdeckt. Unter Deck habe ich im Salon eine Stelle, wo es vom Platz her gerade so geht. Oben im Cockpit ist es auch möglich.

Ab und zu versuche ich es sogar während dem Segeln. Das braucht dann extrem Gleichgewicht, ist z.T. lustig oder manchmal schlichtweg unmöglich. Pilates versuche ich so viel wie möglich in meinen Tagesablauf einzubinden, denn die Fitnessgruppe mit angeleiteter Animation, wo ich in Gossau regelmässig war, vermisse ich sehr.

Die Hurrikan-Saison hat begonnen

St. Martin war für uns vorläufig die nördlichste Antillen-Insel, die wir erkundeten. Hier haben wir einen Mitsegler aufgenommen und sind unterdessen bereits wieder auf dem Rückweg in den Süden. Die Hurrikan-Saison hat offiziell am 1. Juni begonnen. Bisher zog zwar noch keiner dieser Super-Stürme über den Atlantik, aber wir wollen es nicht ausreizen und verziehen uns lieber wie andere Segler in den (ziemlich) Hurrikan-sicheren Süden der Karibik. Mitte Juli planen wir in Trinidad zu sein und nehmen dort das Schiff aus dem Wasser. Mehr dazu dann im nächsten Blog.

Gewitterwolke und vom Hurrikan zerstörtes Hotel am Strand in Barbuda