IN DER WERFT IN TRINIDAD
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ZWEI MAL NACH CARRIACOU
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DAS SATTE GRÜN VON TOBAGO

Es war ein wohltuender Szenenwechsel von Trinidad nach Tobago. Obschon die zwei Inseln einen gemeinsamen Staat bilden, sind sie doch völlig verschieden. Wenn Trinidad eine Industriestadt ist, so ist Tobago ein verschlafenes Dorf. Trinidad war dreckig, Tobago aufgeräumt und sauber. Trinidad gilt als recht kriminell und gefährlich, Tobago als freundlich und sicher. Diese Gegenüberstellung ist zwar stereotyp und nicht über alle Zweifel erhaben und doch waren die Unterschiede zwischen den zwei Inseln frappant. Am 29. September kamen wir auf Tobago an und blieben zwei Wochen.

Charlotteville, die grösste «Stadt» im Norden der Insel und Port of Entry (zum Ein- und Ausklarieren)

Der grösste Teil von Tobago ist Regenwald und da wenig besiedelt, ist die Insel überall grün. Sogar das Meer hat hier eine schöne grüne Farbe. Das ist uns gleich bei Ankunft aufgefallen: Sattes Grün so weit das Auge reicht.

Pirate Bay bei Charlotteville – keine Piraten weit und breit, alle Leute waren äusserst freundlich

Buccoo Bay

Die erste Woche auf Tobago ankerten wir in der Buccoo-Bay. Wir waren nebst einer Motoryacht das einzige Boot in der Bucht. Das Buccoo-Riff ist ein toller Spot zum schnorcheln und baden. Da unter Naturschutz kommt man nur mit einem Touristenboot hin. Das liessen wir uns nicht entgehen. Der Anbieter wollte für den Ausflug zuerst 70 US$ pro Person, hat uns schlussendlich aber für die Hälfte mitgenommen.

Captain Philipps und seine Frau fahren uns zum Buccoo Reef und zum Nylon Pool

baden im «Nylon Pool», einer Sandbank am Buccoo-Reef mit glasklarem, leicht grünlichem Wasser

In dieser Zeit mieteten wir für 3 Tage ein Auto und fuhren die ganze Insel ab. Das links fahren erforderte bis zum Ende einiges an Konzentration, hat aber Spass gemacht. Die Augen und das Gehirn hatten es mit der Zeit raus, wie man an einer Kreuzung einspuren und abbiegen soll, aber die Hände hatten mehr Mühe. Immer, wenn ich den Blinker betätigte, begann der Scheibenwischer zu laufen…

hier verwandelt sich nach starkem Regen eine Strasse gerade in einen Bach

Die Strassen auf dieser Insel sind eine Geschichte für sich. In der Umgebung der Hauptstadt Scarborough im Südwesten der Insel gibt es einige gute Strassen, fast so etwas wie Hauptstrassen. Aber der Rest der Insel ist nur über kleine, steile, kurvenreiche Strässchen erreichbar, bei denen Asphalt und Loch sich etwa die Waage halten. Kein Zuckerschlecken für die Stossdämpfer. Auf jeden Fall konnten wir mit dem Auto zu schönen Aussichtspunkten gelangen und uns einen Überblick über die Insel verschaffen.

Tobago ist farbenfroh. Einige Leute stimmen die Farbe des Autos auf die Farbe des Hauses ab – das nennt sich Liebe zum Detail.

Was, wenn man das Auto wechselt? Streicht man dann das Haus neu?

Tobago hat uns wirklich sehr gefallen. Hier einige Impressionen dieser schönen Insel (klicke in die Bilder um sie grösser zu sehen):


Ohne Dinghy geht’s nicht

Natürlich gab es auch auf Tobago ein paar technische Hürden zu nehmen. Unser sonst zuverlässiger Aussenborder wollte nicht mehr. Wenn man die ganze Zeit am ankern ist, so ist das Dinghy mit einem funktionierenden Motörchen super-wichtig. Das Motörchen hatte aber 3 Monate still gestanden und eigentlich hätte ich in Trinidad vor dem Einwassern noch den Vergaser reinigen sollen. Habe ich nicht. So sind wir halt die ersten paar Mal an Land gerudert bis wir einen Mechaniker fanden, der uns an einem Sonntag Morgen um 7 Uhr (!) den Motor an eine Parkbank schraubte und den Vergaser reinigte. Umgerechnet 30 Franken hat dieser Service gekostet und seither schnurrt der Mercury 6PSler wieder wie ein Kätzchen.

gute Arbeit für einen fairen Preis

Segeln abseits der Touristenströme

Nach der Zeit in Buccoo zog es uns zu den schönen Buchten an der Nordküste Tobagos. Maritime Infrastruktur für Segelyachten gibt es auf der ganzen Insel keine. Es gibt keine einzige Marina, keine Tankstelle für Schiffe oder Möglichkeit Wasser aufzufüllen. Entsprechend waren auch kaum andere Segler da, meist ankerten wir in den Buchten ganz alleine. Wasser hatten wir genug dabei, Diesel auch, Strom haben wir von unseren Solarpanels und Essen kann man in kleinen Läden in den Dörfern einkaufen.

aufkreuzen gegen den Passatwind entlang der Nordküste Tobagos

einsamer Strand in der Englishman Bay

Nur in Charlotteville trafen wir auf 2 andere Segel-Päärchen, eines aus Finnland und eines aus den USA. Die Amerikaner kannten wir von der Werft in Chaguaramas. Es war schön sich wiederzusehen und über Erlebnisse und Pläne zu plaudern.

mit den Crews von «Zelda» und «Hero» beim Feierabendbier

Baden am Wasserfall

Überall auf der Insel hat es Bäche, die von den Bergen durch den Regenwald ins Meer fliessen. Da gibt es Dutzende von kleinen Wasserfällen und natürlichen Pools wo man sich wunderbar abkühlen kann. Signalisiert sind die Wege zu den Wasserfällen nicht, aber man findet im Internet Beschreibungen, wie man zu ihnen gelangt. In der Regel folgt man vom Dorf aus einfach dem Pfad den Bach hoch und irgendwann ist man beim Wasserfall. Der Pfad wechselt oft die Bachseite und Brücken gibt es keine. Am besten geeignet für solche Abenteuer sind Sandalen, mit denen man auch ins Wasser kann.

kleines Abenteuer mit grosser Belohnung

tagsüber war es immer um die 30° Grad heiss, da bot das kalte Flusswasser eine wunderbare Abkühlung

Castara

Dieser kleine Fischerort hat uns besonders berührt. Freundlich, entspannt und gleichzeitig gepflegt. Ein paar wenige Strassen, schöne farbige Häuser, ein paar kleine Läden und eine wunderschöne Bucht mit Sandstrand. Das wäre der perfekte Ort um ein Buch zu schreiben.

Kolibris laben sich an einer Futterstelle

Auch wenn hier nur eine handvoll Leute leben und es nur wenige Touristen hat, so steht am Strand ein Türmchen für den Lifeguard, und es war sogar einer da. Wir konnten das Dinghy nirgends abschliessen und fragten ihn daher, ob es hier sicher sei. Natürlich sei es hier sicher, meinte der freundliche Herr und wir liessen das Dinghy unabgeschlossen beim Lifeguard liegen. Hinter dem Strand gibt es saubere sanitäre Anlagen, die man gegen ein kleines Entgelt benutzen kann. Wie genial ist das denn!

In Castara fanden wir ein tolles Restaurant am Strand wo wir am Abend essen gingen. Ich hatte vorher angerufen und die freundliche Besitzerin kam extra wegen uns her und kochte für uns. Wir waren auch hier die einzigen Gäste. Da sie keine Lizenz zum Alkoholverkauf hat, empfahl sie uns im Dorfladen einen Wein oder Bier zu holen, wenn wir welchen wollten. So ging ich hin, kaufte eine (völlig überteuerte) Flasche portugiesischen Rotwein, den wir dann zu unserem feinen Znacht genossen. Danach kehrten wir mit dem Dinghy zu unserem Schiff zurück, das in der Bucht inmitten kleiner Fischerboote verankert war.

die EXTRA MILE mit gesetztem Ankerlicht ist das einzige Segelboot in der Castara Bay

Kein Paradies auf Erden

Tobago haben wir echt genossen. Diese Insel hatte aber auch zwei herausfordernde Seiten, ohne deren Nennung unser Bericht unausgewogen wäre.

Bürokratie ohne Ende. Normalerweise, wenn wir in einem Land einklarieren, dann dürfen wir uns in den gesamten Gewässern dieses Landes frei bewegen. Nicht so auf Trinidad & Tobago. Hier bekommst du nur die Bewilligung in vorher definierten Buchten zu ankern. Willst du z.B. an der Südwest Ecke ankern, dann muss du in der Hauptstadt Scarborough einklarieren, die im Süden liegt. Wenn man dann weiter zu den Buchten im Norden der Insel will, so muss man zuerst in Scarborough ausklarieren und in Charlotteville wieder einklarieren. Und für einen Behördengang darf man gerne mal 2-3h rechnen. Selbst für die Überfahrt von Scarborough nach Charlotteville braucht es eine Genehmigung. Echt jetzt?…

Die zweite Challenge auf Tobago war der Schwell (Wellengang). Die Ankerplätze sind nur gegen Osten geschützt und die atlantische Welle von NE dreht in die Buchten rein, d.h. man liegt nie ruhig. Solange das Schiff senkrecht zur Welle steht, dann wippt es ein wenig von vorne nach hinten. Das ist unproblematisch, das merkt man kaum. Aber wenn das Schiff parallel zur Welle steht, dann schaukelt es seitwärts, oder es «rollt», wie es in der Seglersprache heisst. Das kann so schlimm sein, dass einem am Ankerplatz die Sachen in der Kabine um die Ohren fliegen, Flaschen fallen zu Boden und ein komisches Bauchgefühl meldet dem Gehirn, das irgendetwas mit der Welt nicht in Ordnung ist. Echt mühsam. Was kann man tun? Manchmal kann man mit einem zweiten Anker am Heck, das Schiff in eine vorteilhaftere Richtung drehen. Das hilft, bis der Wind auch gedreht hat. Am besten ist es, die Bucht zu verlassen und es an einem anderen Ort zu versuchen. Oder aber man geht einfach schlafen. Im Liegen nimmt man das Rollen weniger wahr und bis zum Morgen hat sich der Schwell vielleicht gelegt. Vielleicht…

Ab nach Carriacou

Am 13. Oktober klarierten wir am Nachmittag in Charlotteville aus und segelten am Abend um 20.30 Uhr los. Vor uns lagen rund 95 nautische Meilen (ca. 180km) bis Carriacou/ Grenada. In rund 15h würden wir dort sein. Diesmal hatten wir den Südäquatorialstrom im Rücken und würden rasch vorankommen. Wir segelten durch die Nacht, weil einerseits am darauffolgenden Tag nur schwacher Wind prognostiziert war und auch weil wir am neuen Ort am Mittag ankommen wollten. Dann hätten wir dort am Nachmittag Zeit um die Einreise-Formalitäten zu erledigen. Wie unsere Ankunft auf Carriacou ausging, seht ihr in diesem kurzen Video: