ZWEI MAL NACH CARRIACOU
16/11/2022
Kuba Monument Santiago
KEIN LAND WIE KUBA
08/03/2023
Show all

VON DEN KLEINEN ZU DEN GROSSEN ANTILLEN

Eine Seebestattung auf der EXTRA MILE

Rainer & Viviane kamen anfangs Dezember mit zwei speziellen Wünschen zu uns nach Martinique. Zum einen brauchte Rainer für das britische Yachtmaster Zertifikat noch zwei Passagen von mindestens 60 Meilen Länge. Wir vereinbarten daher einen Kurztörn von drei Tagen: 1 Passage hin, 1 Tag Erholung und am dritten Tag wieder zurück nach Martinique. Die ausgesuchte Passage war schlussendlich pro Weg 90nm lang von Le Marin/Martinique bis Portsmouth/Dominica. Somit war diese Vorgabe mehr als erfüllt.

Das zweite Anliegen der Gäste war es während dem Törn eine Seebestattung abzuhalten. Diese sollte auf Wunsch des Verstorbenen auf dem Meer in der Nähe eines Vulkans stattfinden. Gerne haben wir diesem Begehren entsprochen. Die Kleinen Antillen sind alle vulkanischen Ursprungs, hier ist man überall in der Nähe eines Vulkans. So kam es, dass wir zwischen Dominica und Martinique kurz vor Sonnenuntergang die Asche des Verstorbenen dem Meer übergaben.

Es hatte wenig Wind, die See war ruhig, wir segelten unter Parasail. Rainer sprach einige persönliche Worte und streute gemeinsam mit Viviane je einen Teil der Asche ins Meer. Daraufhin schlug ich mit unserer Schiffglocke 8 Glasen, das sind 4 Doppelschläge. 8 Glasen wurden in der traditionellen Schiffsfahrt beim Wechsel der Wachen geschlagen. Dieser Glockenschlag gilt auch als Symbol für den Übergang vom Leben in den Tod und kommt bei Seebestattungen zur Anwendung. Nach dem die Glockenschläge verstummten, war Stille. Jeder hing seinen Gedanken nach und die Sonne ging als roter Feuerball am Horizont unter. Wunderschön. Es war ein andächtiger Moment, der uns alle berührte.

Advent, Advent, kein Kerzlein brennt

Advent und Weihnachten waren dieses Jahr nur Begriffe im Kalender, waren irgendwann da und dann vorbei, und wir haben es fast nicht mitbekommen. Anders als in der Schweiz wo wir die Adventszeit als eine besondere Zeit im Jahr in Erinnerung haben, war es auf Martinique ständig heiss wie immer, die Tage so lang wie immer, wir hatten mit dem Boot zu tun wie immer, resp. wegen dem anstehenden Gutachten sogar noch mehr wie immer. Die EXTRA MILE ist ja bereits verkauft und in der Regel lässt der Käufer von einem unabhängigen Profi ein Gutachten erstellen, um einen genauen Zustandsbericht vom Boot zu bekommen. Das war Mitte Dezember der Fall und war das prägende Ereignis dieser Adventszeit.

bei 28 Grad Lufttemperatur ein feines Fondue im Cockpit der EXTRA MILE lässt zumindest etwas Heimatgefühle aufkommen

Die Inspektion des Schiffes dauerte total 2 Tage, dabei wurde das Schiff auch ausgekrant.  Monsieur Kerault, ein älterer französischer Seemann, war ein freundlicher und sehr genauer Mann. Allein für den Schiffrumpf nahm er sich eine halben Tag Zeit, klopfte die ganze GFK-Schale von innen nach Schwachstellen ab und schaute in jede Ecke, resp. mit einem Spieglein sogar um die Ecken herum. Die ganze Zeit über haben wir geplaudert und er gab mir viele gute Tipps zum Unterhalt des Schiffes. Er war mehr als zufrieden, fand natürlich aber auch ein paar Kleinigkeiten, die es zu verbessern galt. So wünschte er u.a., dass ich alle Seeventile von Grünspan befreie und gut fette und wollte einige Schläuche und Schlauchschellen gewechselt haben. Das war eine mühsame Drecksarbeit aber musste halt sein.

Auch ein Rigger kam an Bord und checkte Mast, Wanten und Beschläge. Er meinte das untere Lager von der Rollgenua sei gebrochen. Das wollte ich zuerst nicht recht glauben, liess sich doch das Vorsegel ohne Schwierigkeiten aus- und einrollen. Aber er war der Profi und der Gutachter sah es auch so, also musste die gesamte Genua-Rollanlage gewechselt werden. Kostenpunkt 4500 Euro.

Habe zuerst leer geschluckt aber dann die Reparatur mit Freude machen lassen. Lieber jetzt wechseln, als draussen auf dem Meer Schwierigkeiten haben. Obschon ich im Alltag sparsam unterwegs bin, fällt es mir nicht schwer Geld für das Schiff auszugeben. Ist für die Sicherheit. Jetzt braucht es nur noch ein neues Vorsegel und dann ist das Rigg top in Schuss. Es gab noch ein paar andere, kleine Reparaturen zu tätigen und so waren wir in der Vorweihnachtszeit schlichtweg sehr, sehr beschäftigt. Wir mussten nämlich vor Weihnachten mit allem fertig sein, denn da würde mein Bruder mit seiner Familie kommen um gemeinsam mit uns in der Karibik Segelferien zu machen.

Am Weihnachtsabend kochte Bea ein feines Essen, wir tranken dazu guten Bordeau und guckten online ein Weihnachtsmusical, und das wars dann schon. Fröhlich war die Weihnacht auf jeden Fall.

Silvester auf Tobago Keys

Am 25. Dezember landete Jan mit seiner Frau Ruth und zwei der Kinder (Dave und Leoni) auf Martinique. Auf dieses Wiedersehen hatten wir uns lange sehr gefreut. Ich bin der Götti von Dave und so war es umso schöner auch mit ihm Zeit verbringen zu können. Die letzten zwei Jahre waren wir über Weihnachten jeweils in die Schweiz gereist und haben uns dort gesehen, dieses Mal trafen wir uns in der Karibik. Jan und  Ruth sind auch Segler und haben für diese Reise auf Martinique einen Katamaran gechartert. So waren wir mit 2 Booten gemeinsam unterwegs.

 


An Silvester waren wir auf den Tobago Keys, assen Lobster bei Carlos, den wir von früheren Törns kennen. Es war ein schönes Wiedersehen mit diesem tollen Boatboy und wir brachten ihm als Geschenk ein Schweizer Militärsackmesser mit. Nachdem der Lobster verspeist war, legte ein DJ auf. Ca.100 Leute waren in dieser Beachbar und die Musik brachte die ohnehin schon gute Stimmung zum kochen. Nach wenigen Minuten tanzten die Leute auf den Tischen und unsere 2 Teenager verstanden die Welt nicht mehr (… was ihnen ja nicht zu verübeln ist). Jedenfalls tanzten wir Erwachsenen fröhlich ab, bis der DJ um 23 Uhr plötzlich einpackte und nach Hause ging.?. Jetzt waren wir Erwachsenen baff, es war doch immerhin Silvester. Vermutlich war der gute Rastaman noch mit seinen Freunden zu einem Rauch verabredet und liess uns im Stich. Who knows. So kehrten alle Crews zu ihren Schiffen vor Anker zurück, wo die Partys im kleinen Rahmen fortgesetzt wurden. Aus Mangel an Feuerwerk schossen um Mitternacht aus allen möglichen Booten Leuchtraketen in den Himmel, die ja sonst nur im  Notfall verwendet werden dürfen. Das neue Jahr war eingeläutet, möge es kein Notfall werden.

Bonaire – Jamaika – Kuba

Seit unserer Atlantiküberquerung im April 2022 verbrachten wir insgesamt fast 9 Monate auf den kleinen Antillen, jetzt war es an der Zeit weiter zu ziehen nach Kuba, das zu den grossen Antillen gehört. Einen Tag nachdem Jan und seine Familie in die Schweiz zurückgeflogen waren, stand die neue Crew am Steg und es ging los via Bonaire und Jamaika nach Santiago de Cuba.

3 ½ Tage hat die Überfahrt von Martinique nach Bonaire gedauert, die wir zusammen mit Oliver und Daniel bei ruhigen Bedingungen machen konnten.

Die See war auf dieser Überfahrt ausgesprochen ruhig. Man konnte tip top kochen, essen und sich eine Kübeldusche gönnen.

Bonaire reiht sich in die Reihe von Inseln ein, die uns sehr gut gefallen haben. Glasklares Wasser und eine farbenfrohe Unterwasserwelt machen die Insel zum Taucherparadies. Jedes zweite Haus ist ein Tauchzentrum und entlang der Küste reiht sich ein Tauchspot an den anderen. Praktisch jedes Boot, das aus dem Hafen raus fährt, hat entweder Taucher oder Schnorcheltouristen an Bord. Die Stadt Kralendijk ist Klein-Holland in der Karibik, sauber, freundlich, mit tollen Restaurants und gut sortierten Supermarkts, wo man den frischen, abgepackten Jungsalat mit Sojasprossen kaufen kann, der vermutlich mit der heutige KLM-Maschine aus Holland einflogen wurde. Man mag sich fragen, ob das angesichts der Klimadiskussion Sinn macht, aber der holländische Jungsalat schmeckt eben doch wesentlich besser, als die Kakteen, die hier überall auf der Insel wachsen…

Wir lagen eine Woche lang sicher in der malerischen Harbour Village Marina nördlich der Hauptstadt. Doch als die neue Crew für die Passage nach Kuba eintraf, war es mit den ruhigen Bedingungen vorbei. Der Starkwind brachte die Schiffsmasten zum heulen und wir warteten ab, bis sich das Wetter etwas beruhigen würde. Am Mittwochmorgen war es dann so weit und Oliver, Nik & Regina stachen mit uns in See. Es war klar, dass uns eine windreiche Überfahrt bevor stand. Wir würden voraussichtlich sechs Tage unterwegs sein und möglicherweise einen kurzen Zwischenstopp auf Jamaika einlegen.

Das Boot schoss davon und mit Hilfe des Süd-Äquatorialstroms wurden Rekorde gebrochen. 194nm legte die EXTRA MILE am ersten Tag zurück und nochmals 183nm am zweiten. Wind, Welle und Speed forderten ihren Tribut. Von fünf Personen an Bord waren zwischenzeitlich drei seekrank. Auch mich hat es nach langem wieder mal erwischt. Na ja, segeln ist ein Sport, bei dem man sich ab und zu mal richtig auskotzen kann. Da in dem Kanal zwischen Kuba und Haiti noch mehr Wind prognostiziert war, drehten wir am vierten Tag Richtung Westen ab und  steuerten Port Antonio auf Jamaika ein. Etwa um Mitternacht meisterten wir die enge Einfahrt in die West-Bucht, schmissen den Anker und ruhten uns zuerst mal aus. Am nächsten Tag versetzten wir das Schiff in die Marina.

Jamaika in Sicht. Noch etwa 4 Stunden, dann würden wir in Port Antonio sein

In Port Antonio blieben wir nur zwei Nächte und nahmen dann die letzten 20 Stunden bis Kuba unter die Füsse, resp. unter den Kiel. Am Dienstag 31. Januar liefen wir bei Sonnenaufgang planmässig in die gut geschützte Bucht von Santiago de Cuba ein. Ein neues, uns noch unbekanntes Land lag vor uns.

Am Steg in der Merlin Marina, Santiago de Cuba. Immerhin gibts Strom und Wasser, cool!

Ausblick

Februar + März: Kuba

April: Bahamas

Mai: Schiffübergabe an den neuen Eigner in Nassau/Bahamas und Rückflug in die Schweiz. Habe meiner Mutter versprochen am Muttertag (14. Mai 2023) auf einen Besuch vorbei zu kommen und daran werde ich mich halten. Guter Sohn!

Back to the future

Und dann?? – Gute Frage. Wohnen werden wir anfänglich bei unseren Freunden in Uzwil bis wir eine eigene Bleibe in der Ostschweiz gefunden haben. Und Arbeit wird es für uns zwei sicherlich auch geben. Bea hat bereits eine neue Stelle gefunden. Während dem ich mich vor Weihnachten um das Schiff kümmerte, schickte sie ein paar Blindbewerbungen ab und hat bereits eine Zusage erhalten. Sie wird als Mütter- und Väterberaterin im Kanton Thurgau arbeiten und daneben noch selbständig ambulante Wochenbettbetreuung anbieten. Sie freut sich auf ihre neue Aufgaben und den Wiedereinstieg ins Erwerbsleben.

Ich für mich weiss noch nicht, was es beruflich werden wird. Will es vielleicht noch nicht wissen. Ist ehrlich gesagt auch schwierig Bewerbungen zu schreiben, wenn man eine Passage von 1200 Meilen über das karibische Meer vor sich hat. Zudem sollte ich mich noch besser in die nautischen Unterlagen über Kuba und die Bahamas einlesen. Ich bin jetzt noch voll hier und möchte mich nicht schon gedanklich mit dem befassen, was in der Schweiz dann mal kommen wird. Eine Bewerbung habe ich vor Weihnachten trotzdem verschickt, werde aber von dieser Stelle erst Ende Februar Bescheid bekommen. Ist vermutlich besser so.

So pendeln wir gedanklich zwischen dem heute und dem morgen, geniessen die letzten drei Monate unseres Segel-Timeouts, während dem manche Vorbereitungen auf die Zeit danach eben doch jetzt schon gemacht werden müssen. In allem sind wir zuversichtlich, dass es gut kommt.