Nach dem kommunistischen Kulturschock auf Kuba folgte auf den Bahamas die kapitalistische Kaltwasserdusche. War mindestens so heftig. Wir stellten gleich bei der Ankunft fest: Das Leben auf den Bahamas ist teuer, sacketeuer. Kuba hindert dich daran etwas zu tun, indem Verbote erlassen werden. Auf den Bahamas werden die Preise so hoch geschraubt, dass man es sich nicht mehr leisten kann. Unterschiedliche Methoden, gleicher Effekt.
Von Havanna segelten wir zuerst zu Cat Cay, einer kleinen Insel etwa auf der Höhe von Miami. Dort kann man einklarieren. Aber… nur schon das Anlegen am Service-Steg der Marina kostet einfach mal eine kleine Gebühr von 500$. Ja, richtig gelesen: Fünf hundert Dollar! Vermutlich kommt da noch die MwSt dazu, aber welchen Kleingeist kümmert schon solche Petitesse. Klar haben wir diesen tollen Service NICHT genutzt, haben eine Nacht unter gelber Flagge (heisst: wir haben noch nicht einklariert) geankert und sind am nächsten Tag über die flache Great Bahama Bank zur nächsten Insel gesegelt.
Auf Chub Cay versuchten wir erneut unser Glück. Über Funk erkundigten wir uns über die dortigen Preise und siehe da: Das Anlegen am Service-Steg kostet hier nur 110$. Ein Schnäppchen!! 😉 Wohlgemerkt: Wir reden nicht von einer Übernachtung in der Marina, sondern nur vom reinfahren, festmachen und in 2h wieder raus. 110$ ist ein stolzer Preis, soviel hatten wir in den vergangenen Jahren nur einmal bezahlt. Das war auf Sizilien in der Hochsaison für eine Nacht im Hafen (wobei da das Schutzgeld für die Mafia glaub’s schon drin war). Wir haben auf Chub Cay den Deal schliesslich angenommen, irgendwo musste wir ja einklarieren. Ich wurde mit einem Golf-Caddy zum kleinen Flugplatz chauffiert, wo die Superreichen mit ihren Privatjets landen und wo sich das Immigration- und Customsoffice befindet. Für das Einklarieren blätterte ich dann nochmals 90$ hin und für das Cruisingpermit 300$ (Erlaubnis um auf den Bahamas zu segeln). Kurz nachdem wir auf den Bahamas den Fuss an Land gesetzt haben, waren wir also schon mal 500$ los. Da kriegt die Kreditkarte die Krise…
So ähnlich ging es weiter. In Nassau gönnten wir uns in einer Bar einen Drink und was Kleines zum Knabbern. Konkret konsumierten wir: 2 kleine Bier, 1 Cocktail, 1 Mini-Portion Fleischbällchen in Tomatensauce und etwas Pitabrot dazu. Das macht + Gratuity + Tax + Trinkgeld total 75$. Man muss es mit Humor nehmen, sonst dreht man durch. Oder aber, und das war dann meistens unsere Strategie, man geht nicht in die Bar und nur ganz selten in ein Restaurant. Solche Annehmlichkeiten waren auf den Bahamas schlichtweg über unserem Budget.
Trotzdem hat es uns auf den Bahamas sehr gut gefallen und es war ein Höhepunkt und würdiger Abschluss unserer Segelzeit. Das Meer ist hier einfach unglaublich klar. Wir haben in den letzten 3 Jahren viele schöne Strände und sauberes Wasser gesehen, aber weder Griechenland, noch Sardinien oder die Karibik haben uns derart umgehauen wie die Bahamas.
Am Karfreitag kamen unsere letzten Gäste an Bord. Es waren zwei Freundinnen aus der Schweiz, die schon andere male mit uns gesegelt sind. Mit ihnen waren wir zwei Wochen lang zu den Exumas unterwegs, einer Inselkette südlich von Nassau. Wir segelten dabei von einem Highlight zum anderen. Wir besuchten die schwimmenden Schweine, schnorchelten am Wrack eines abgestürzten Drogenflugzeugs, tauchten in die Thunderball-Höhle bei Staniel Cay, unternahmen einen ausgedehnten Spaziergang durch den Nationalpark von Warderick Wells, badeten auf unzähligen Sandbänken, machten eine lange Dinghytour durch die Mangroven und schwammen mit Schildkröten und Ammenhaien. Selbst die Bach-Etude am Meeresgrund und das Selfie mit der Meeresjungfrau wurden hier Wirklichkeit.
Und hier noch ein paar Eindrücke als Video
Der Name «Bahamas» leitet sich vom spanischen «Baja Mar» ab, was «flaches Meer» bedeutet. Und flach ist es allerdings. Über hunderte Meilen ist das Meer hier nur wenige Meter tief. Und dann kommt man an eine Kante, wo der Meeresgrund plötzlich auf 2000m abfällt. Das tiefe Wasser macht uns Seglern keine Sorgen, das Flachwasser hingegen schon. Hier ist gute Planung und vorsichtige Navigation unumgänglich.
Es gibt nautische Literatur, in die man sich einlesen muss und genaue Seekarten, welche die sicheren Routen kennzeichnen. Manche Strecken sind mit VPR gekennzeichnet, Visual Piloting Routes, wo man also nach Sicht durch die Korallenköpfe navigieren muss. Konkret geht das so, dass ein Teil der Crew vorne am Bug steht und konzentriert nach vorne schaut. Die Korallenköpfe heben sich im klaren Wasser als braune Flecken ab. Die meldet man dem Skipper, der dann entsprechend den Kurs korrigiert. Auch flache Sandbänke sieht man an Farbveränderungen im Wasser. Wie schon in anderen Revieren waren wir froh, dass unsere EXTRA MILE nur einen Tiefgang von 1,65m hat. So blieb uns immer etwas mehr Reserve, als Schiffen mit einem längeren Kiel.
Es war für uns ein besonderer Törn, nicht zuletzt wegen dem Bewusstsein, dass unsere Segelzeit demnächst enden würde. Umso mehr genossen wir es nochmals segelnd unterwegs zu sein.
Nachdem unsere Gäste abgereist waren, ankerten wir wieder bei Nassau und begannen das Boot zu räumen und zu putzen. Wir wollten dem neuen Eigner das Boot in gutem und sauberem Zustand überreichen. Es galt alles zu sortieren: Was nehmen wir mit? Was schmeissen wir weg? Was bleibt auf dem Schiff? So war es auf unserem Schiff zeitweise etwas unaufgeräumt, aber schlussendlich herrschte wieder Ordnung und 6 Gepäckstücke waren gepackt und auf 23 kg abgewogen.
Schliesslich versetzten wir das Boot in eine Marina und am 30. April zogen mit Sack und Pack in ein gemietetes BnB um. Der neue Besitzer war angereist und zog mit seiner Crew auf der EXTRA MILE ein. Es folgten 2 Tage der Übergabe, wo das gesamte Inventar gezeigt und erklärt wurde. Auch nutzten wir die Möglichkeit um einen halben Tag vor Nassau zu segeln. Ich zeigte dem neuen Besitzer wie man den Genoabaum setzt und wir flogen übungshalber auch mal das Rundsegel. Dann wurde das Übergabeprotokoll unterschrieben und wir feierten den Kauf/Verkauf gemeinsam mit einem Drink und einem Znacht.
Die EXTRA MILE war nun nicht mehr unser Schiff – ein seltsamer Gedanke. Eine neue Flagge wurde gesetzt, eine neue Crew nahm vom Boot Besitz. Wir waren froh in unserem BnB zu sein. So konnten wir Abstand gewinnen und Abschied nehmen.
Am 3. Mai flogen wir ab Richtung Toronto. Da wir wegen dem Kuba-Aufenthalt nicht via USA reisen dürfen, haben wir den Rückflug über Kanada gebucht und beschlossen, wenn wir schon mal in Toronto sind, gleich ein paar Tage für eine Städtereise einzuschieben. So schreiben wir diesen Blog nun aus dem frühlingshaften Toronto und verabschieden uns hier mit einigen Bildern.
Wenn alles klappt wie geplant, werden wir am Samstag, 13. Mai um 10.25 in Kloten landen.